Schnittverletzungen durch Motorsägen, Freischneider oder Messer gehören zu den schwersten Arbeitsunfällen in Forstwirtschaft, Baumpflege, Gartenbau und lebensmittelverarbeitender Industrie. Jährlich werden in Deutschland mehrere tausend schwere Schnittunfälle registriert – viele davon mit bleibenden Schäden. Zertifizierte Schnittschutzkleidung kann Leben retten und Verletzungen verhindern. Doch welche Norm gilt für welche Tätigkeit? Was unterscheidet Schutzklasse 1 von Klasse 3? Und worauf sollten Sie beim Kauf achten? Dieser umfassende Ratgeber liefert alle wichtigen Informationen für Arbeitgeber, Sicherheitsbeauftragte und Arbeitnehmer.

Warum Schnittschutzkleidung am Arbeitsplatz unverzichtbar ist

Schneidende oder rotierende Werkzeuge stellen eine extreme Gefährdung dar. Motorsägen erreichen Kettengeschwindigkeiten von bis zu 100 km/h, Freischneider-Messer rotieren mit mehreren tausend Umdrehungen pro Minute. Bei einem unkontrollierten Kontakt mit dem Körper kommt es innerhalb von Sekundenbruchteilen zu tiefen Schnittwunden.

Typische Gefährdungen, die Schnittschutzkleidung erfordern:

  • Forstwirtschaft: Motorsägenarbeiten bei Fällung, Entastung, Brennholzaufbereitung
  • Baumpflege und Gartenbau: Baumschnitt, Heckenpflege mit Motorsägen oder Freischneidern
  • Metallverarbeitung: Arbeiten mit Winkelschleifern, Bandsägen, Trennschleifern
  • Lebensmittelindustrie: Fleischverarbeitung, Großküchen, Bäckereien
  • Glasindustrie: Schneiden und Bearbeiten von Glas
  • Recycling und Entsorgung: Sortierarbeiten, Schrottverarbeitung

Ohne geeignete Schutzkleidung können selbst kurze Kontakte zu lebensbedrohlichen Verletzungen führen. Schnitte in Oberschenkelarterien oder tiefe Muskelverletzungen haben oft langwierige Behandlungen und dauerhafte Beeinträchtigungen zur Folge. Schnittschutzkleidung ist ebenso wichtig wie Sicherheitsschuhe im Arbeitsschutz, die vor Fußverletzungen schützen.

Gesetzliche Grundlagen und Pflichten

Die Verwendung von Schnittschutzkleidung ist gesetzlich klar geregelt und im Rahmen der PSA-Pflicht gesetzlich vorgeschrieben.

Rechtliche Grundlagen:

  • PSA-Verordnung (EU) 2016/425: Schnittschutzkleidung ist PSA der Kategorie II (mittlere Risiken) oder Kategorie III (hohe Risiken), je nach Einsatzgebiet
  • DGUV Vorschrift 1: Allgemeine Pflichten des Arbeitgebers zur Bereitstellung von PSA
  • DGUV Regel 114-018 (ehemals BGR 190): Spezifische Anforderungen für Waldarbeiten und Baumpflege
  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): Verpflichtung zur Gefährdungsbeurteilung und Bereitstellung geeigneter Schutzausrüstung

Pflichten des Arbeitgebers:

  1. Gefährdungsbeurteilung durchführen und dokumentieren
  2. Geeignete Schnittschutzkleidung kostenlos bereitstellen
  3. Mitarbeiter in der Verwendung unterweisen
  4. Regelmäßige Prüfung und Wartung sicherstellen
  5. Ersatz bei Verschleiß oder nach Schnittunfall bereitstellen
  6. Trageverpflichtung durchsetzen und kontrollieren

Pflichten des Arbeitnehmers:

  • Bereitgestellte Schnittschutzkleidung bestimmungsgemäß tragen
  • Schäden und Mängel unverzüglich melden
  • Kleidung pfleglich behandeln und gemäß Herstellerangaben reinigen
  • An Unterweisungen teilnehmen

Die systematische Auswahl und Bereitstellung erfolgt im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für PSA.

Normen und Zertifizierungen für Schnittschutzkleidung

Schnittschutzkleidung unterliegt strengen europäischen Normen, die Schutzanforderungen und Prüfverfahren festlegen.

EN 381 – Schutz gegen Motorsägenschnitte

Die wichtigste Norm für Motorsägen-Schnittschutz ist EN 381, unterteilt in verschiedene Teilnormen:

EN 381-5: Beinschutz

  • Gilt für Schnittschutzhosen, Latzhosen, Gamaschen
  • Definiert Schutzklassen 0 bis 3
  • Legt Testverfahren mit laufender Motorsägenkette fest
  • Prüfung bei definierten Kettengeschwindigkeiten

EN 381-11: Oberkörperschutz

  • Gilt für Schnittschutzjacken und Oberteile
  • Wichtig für Baumpfleger und Kletterer
  • Schutz für Arme, Schultern und Oberkörper

EN 381-9: Gamaschen

  • Speziell für tragbare Beinschützer
  • Kann über normaler Arbeitskleidung getragen werden
  • Praktisch bei wechselnden Einsätzen

EN ISO 11393 – Schutzkleidung für Anwender von handgeführten Kettensägen

Diese Norm ergänzt EN 381 und legt erweiterte Anforderungen fest:

  • Teil 1: Prüfverfahren für Kettensägen-Schnittschutz
  • Teil 2: Anforderungen an Beinschutz
  • Teil 3: Prüfverfahren für Schnittschutzoberbekleidung
  • Teil 4: Anforderungen an Schutzhandschuhe
  • Teil 6: Anforderungen an Fußschutz

EN 388 – Schutz gegen mechanische Risiken

Für Schnittschutzhandschuhe und leichtere Schnittschutzkleidung (z. B. in Küchen oder Fleischverarbeitung):

Kennzeichnung mit 4 oder 6 Ziffern:

  • Erste Ziffer: Abriebfestigkeit (0-4)
  • Zweite Ziffer: Schnittfestigkeit nach Coup-Test (0-5)
  • Dritte Ziffer: Weiterreißfestigkeit (0-4)
  • Vierte Ziffer: Durchstichfestigkeit (0-4)
  • Optional fünfte Ziffer: Schnittfestigkeit nach EN ISO 13997 (A-F)
  • Optional sechste Ziffer: Stoßschutz (P = bestanden)

Beispiel: 4543CP bedeutet höchste Abriebfestigkeit, sehr gute Schnittfestigkeit, gute Reißfestigkeit, höchste Durchstichfestigkeit, Schnittschutz Level C, mit Stoßschutz.

Schutzklassen bei EN 381

Die Schutzklassen geben an, bei welcher Kettengeschwindigkeit die Kleidung noch schützt:

  • Klasse 0: 16 m/s (ca. 58 km/h) – minimaler Schutz, nur für leichte Arbeiten
  • Klasse 1: 20 m/s (ca. 72 km/h) – Standard für gewerbliche Anwender, Motorsägen bis 42 cm Schwertlänge
  • Klasse 2: 24 m/s (ca. 86 km/h) – professionelle Waldarbeit, Motorsägen bis 56 cm Schwertlänge
  • Klasse 3: 28 m/s (ca. 101 km/h) – höchster Schutz, große Motorsägen, Extremsituationen

Wichtig: Die Schutzklasse bezieht sich auf die Prüfgeschwindigkeit, nicht auf die maximale Kettengeschwindigkeit der Säge. Moderne Motorsägen erreichen Kettengeschwindigkeiten von 20-30 m/s je nach Modell.

Arten von Schnittschutzkleidung

Schnittschutzhosen

Schnittschutzhosen sind die wichtigste Schnittschutzkleidung bei Motorsägenarbeiten.

Typen nach Schutzbereich (EN 381-5):

  • Typ A: Rundumschutz (vorne, Seiten, hinten) – für professionelle Waldarbeit
  • Typ B: Front- und Seitenschutz – häufigster Typ für gewerbliche Anwender
  • Typ C: Frontschutz – nur für Arbeiten in sicherer Position, selten verwendet

Ausführungen:

  • Bundhose: Klassische Form, mit Gürtel getragen
  • Latzhose: Mit Trägers und Latz, besser Halt, schützt Rücken
  • Berufshose mit Schnittschutz: Alltagstaugliche Arbeitshosen mit integrierten Schnittschutz-Einsätzen
  • Sommerhose: Leichtere Materialien, bessere Belüftung für warme Jahreszeiten
  • Winterhose: Gefüttert, wasser- und windabweisend

Schnittschutzjacken und Oberbekleidung

Schnittschutzjacken schützen Arme, Schultern und Oberkörper – besonders wichtig für Baumpfleger und bei Arbeiten über Kopfhöhe.

Wichtige Merkmale:

  • Schnittschutz-Einsätze an gefährdeten Stellen (Unterarme, Schultern)
  • Bewegungsfreiheit für Kletter- und Sägearbeiten
  • Atmungsaktive Materialien für lange Einsätze
  • Signalfarben für bessere Sichtbarkeit

Schnittschutzgamaschen

Gamaschen werden über normale Arbeitskleidung gezogen und schützen primär die Unterschenkel.

Vorteile:

  • Flexibel einsetzbar, auch bei wechselnden Tätigkeiten
  • Günstiger als vollwertige Schnittschutzhosen
  • Einfach an- und auszuziehen
  • Geringeres Gewicht, weniger Hitzestau

Nachteile:

  • Geringerer Schutzbereich als Schnittschutzhosen
  • Können verrutschen
  • Meist nur Front- und Seitenschutz

Schnittschutzhandschuhe

Für Arbeiten mit handgeführten Schneidwerkzeugen oder in der Lebensmittelindustrie.

Einsatzgebiete:

  • Fleischverarbeitung, Metzgereien, Großküchen
  • Glasverarbeitung
  • Metallbearbeitung (zusätzlich zu Maschinenschutz)
  • Recycling und Sortierarbeiten

Materialien:

  • Hochfeste Polyethylen-Fasern (HPPE)
  • Aramidgewebe (Kevlar, Twaron)
  • Edelstahlfasern
  • Kombinationen für optimalen Schutz

Wichtig: Schnittschutzhandschuhe bieten keinen Schutz gegen laufende Motorsägen. Bei Motorsägenarbeiten sind sie kein Ersatz für Schnittschutzhosen.

Schnittschutzstiefel

Sicherheitsstiefel mit integriertem Schnittschutz im Rist- und Zehenbereich.

Anforderungen:

  • Zertifizierung nach EN ISO 17249 (Motorsägen) oder EN ISO 20345 mit Schnittschutzkennzeichnung
  • Schnittschutzklasse meist Klasse 1
  • Zusätzlich: Zehenschutzkappe, Durchtrittsicherheit, rutschhemmende Sohle
  • Wasserdicht und robust für Außeneinsätze

Die Kombination mit Sicherheitsschuhen im Arbeitsschutz ist sinnvoll, wenn keine speziellen Schnittschutzstiefel erforderlich sind.

Material und Technologie

Schnittschutz-Fasern

Der Schutz funktioniert durch Langfasern, die sich bei Kontakt mit rotierenden Werkzeugen um den Antrieb wickeln:

Polyester-Fasern:

  • Günstig, weit verbreitet
  • Gute Blockierwirkung bei Motorsägen
  • Temperaturbeständig bis ca. 150°C
  • Für die meisten Anwendungen ausreichend

Polyamid-Fasern (Nylon):

  • Höhere Reißfestigkeit als Polyester
  • Gute Abriebfestigkeit
  • Etwas teurer

Aramid-Fasern (Kevlar, Twaron):

  • Sehr hohe Festigkeit und Hitzebeständigkeit
  • Leichter als Polyester bei gleicher Schutzwirkung
  • Langlebiger, aber deutlich teurer
  • Für professionelle Dauereinsätze

Dyneema / Spectra (HPPE):

  • Extrem reißfest und leicht
  • Hauptsächlich in Schnittschutzhandschuhen
  • Weniger verbreitet in Schnittschutzhosen

Außenmaterialien

Robustes Gewebe:

  • Polyester-Baumwoll-Mischungen für Strapazierfähigkeit
  • Cordura-Verstärkungen an stark beanspruchten Stellen (Knie, Gesäß)
  • Wasserabweisende Beschichtungen oder Membranen

Atmungsaktivität:

  • Mesh-Einsätze zur Belüftung
  • Atmungsaktive Membranen (ähnlich Gore-Tex)
  • Wichtig bei körperlich anstrengenden Arbeiten

Tragekomfort-Technologien

Moderne Schnittschutzkleidung kombiniert Sicherheit mit Tragekomfort:

  • Elastische Einsätze für Bewegungsfreiheit
  • Ergonomische Schnittführung
  • Verstellbare Bund- und Hosenbeinweiten
  • Belüftungsöffnungen mit Reißverschlüssen
  • Leichte Materialien zur Reduzierung von Ermüdung

Kaufberatung: Darauf sollten Sie achten

Anforderungsprofil klären

Welche Tätigkeit wird ausgeübt?

  • Gelegentliche Brennholzarbeiten: Klasse 1, Typ B
  • Professionelle Waldarbeit: Klasse 2, Typ A
  • Baumpflege: Klasse 1 oder 2, zusätzlich Schnittschutzjacke

Wie oft wird die Kleidung getragen?

  • Gelegentlich: Günstigere Modelle ausreichend
  • Täglich: Investition in hochwertige, langlebige Modelle lohnt sich

Unter welchen Bedingungen?

  • Sommer: Leichte, atmungsaktive Materialien
  • Winter: Gefütterte Modelle oder Schnittschutzhosen mit Thermofutter
  • Nass: Wasserdichte Modelle mit Membran

Passform und Größe

Wichtig bei Schnittschutzhosen:

  • Richtige Länge: Hose sollte bis zum Rist der Stiefel reichen
  • Bund darf nicht zu eng sein (einschränkende Bewegungsfreiheit)
  • Knie-Bereiche müssen an der richtigen Position sitzen
  • Bewegungsfreiheit für Hocken, Bücken, Sägen testen
  • Verstellbare Hosenbeinabschlüsse für optimalen Sitz über Stiefeln

Probetragen empfohlen: Schnittschutzkleidung sollte vor dem Kauf anprobiert und in Arbeitshaltungen getestet werden. Online-Bestellungen nur, wenn Rückgaberecht besteht.

Zertifizierung und Kennzeichnung

Pflichtangaben auf dem Etikett:

  • CE-Kennzeichnung
  • Norm (z. B. EN 381-5)
  • Schutzklasse (0, 1, 2 oder 3)
  • Typ (A, B oder C bei Hosen)
  • Piktogramm für Motorsägenschutz
  • Hersteller und Größenangabe
  • Pflegehinweise

Kaufen Sie nur zertifizierte Produkte mit vollständiger Kennzeichnung. Billigprodukte ohne CE-Kennzeichnung bieten oft keinen ausreichenden Schutz.

Preis-Leistungs-Verhältnis

Preisklassen bei Schnittschutzhosen:

  • Einstiegsklasse (60-100 Euro): Für Heimanwender, gelegentliche Brennholzarbeiten, meist Klasse 1, Typ B, einfache Materialien
  • Mittelklasse (100-180 Euro): Für gewerbliche Anwender, bessere Materialien, höherer Tragekomfort, oft Klasse 1 oder 2
  • Profi-Klasse (180-300 Euro): Für täglichen Einsatz, langlebig, ergonomisch, Klasse 2 oder 3, atmungsaktive Membranen

Wichtig: Sparen am falschen Ende kann lebensgefährlich sein. Investieren Sie in zertifizierte Qualität.

Bekannte Hersteller

Bewährte Marken für Schnittschutzkleidung:

  • Husqvarna: Hochwertige Schnittschutzhosen, Jacken, Stiefel
  • Stihl: Umfangreiches Sortiment für Forstwirtschaft und Gartenarbeit
  • Pfanner: Österreichische Qualität, besonders bei Profis beliebt
  • Engelbert Strauss: Arbeitsschutzkleidung mit guten Schnittschutz-Linien
  • Solidur: Spezialist für Forstbekleidung
  • Dolmar / Makita: Preis-Leistungs-starke Modelle
  • Oregon: Bekannt für Kettensägen-Zubehör, auch Schnittschutzkleidung

Zusatzausstattung

Sinnvolle Ergänzungen für optimalen Schutz:

  • Forsthelm mit Gesichtsschutz und Gehörschutz: Wichtig bei Motorsägenarbeiten, kombinierbar mit Gehörschutz am Arbeitsplatz
  • Schnittschutzhandschuhe für linke Hand: Greifhand ist bei Motorsägenführung besonders gefährdet
  • Schnittschutzstiefel: Komplettschutz für Beine und Füße
  • Signalweste oder Warnschutzkleidung: Bessere Sichtbarkeit, besonders bei Straßennähe, siehe auch Warnschutzkleidung im Arbeitsschutz
  • Erste-Hilfe-Set: Für Notfälle immer griffbereit

Pflege, Wartung und Lebensdauer

Richtige Pflege

Reinigung:

  • Gemäß Herstellerangaben waschen (meist 40-60°C)
  • Keine Bleichmittel oder Weichspüler verwenden
  • Nicht in den Trockner (hohe Temperaturen können Schnittschutz-Fasern schädigen)
  • Lufttrocknen, nicht auf Heizkörpern
  • Klettverschlüsse und Reißverschlüsse vor dem Waschen schließen

Lagerung:

  • Trocken und lichtgeschützt aufbewahren
  • Nicht zusammengedrückt lagern (Schutzschicht kann verhärten)
  • Vor Öl, Benzin und Lösungsmitteln schützen

Inspektion und Wartung

Regelmäßige Kontrolle ist Pflicht und sollte im Rahmen der PSA Prüfung, Wartung und Dokumentation erfolgen:

Vor jedem Einsatz prüfen:

  • Äußere Schäden (Risse, Löcher, durchgescheuerte Stellen)
  • Nähte und Verbindungen
  • Zustand der Schnittschutz-Schicht (fühlbar verhärtet oder verklumpt?)
  • Funktion von Reißverschlüssen und Klettverschlüssen

Wann austauschen?

Sofort austauschen bei:

  • Schnittkontakt (auch wenn äußerlich kein Schaden sichtbar)
  • Durchtrennten oder stark beschädigten Nähten
  • Verhärteter oder verklumpter Schnittschutz-Schicht
  • Sichtbaren Rissen oder Löchern
  • Nach Herstellerangaben überschrittener Lebensdauer

Lebensdauer:

  • Bei täglichem Einsatz: 1-2 Jahre
  • Bei gelegentlicher Nutzung: 3-5 Jahre
  • Maßgeblich sind Nutzungshäufigkeit, Pflege und Lagerung

Wichtig: Nach einem Schnittunfall muss die Schnittschutzkleidung immer ausgetauscht werden, auch wenn äußerlich kein Schaden sichtbar ist. Die Schutzfasern können gerissen oder verschoben sein.

Unterweisung und Schulung

Die Bereitstellung von Schnittschutzkleidung allein reicht nicht. Mitarbeiter müssen umfassend unterwiesen werden, wie in PSA Unterweisung im Arbeitsschutz beschrieben:

Inhalte der Unterweisung:

  1. Gefährdungen durch Schneidwerkzeuge
  2. Funktion und Schutzwirkung der Kleidung
  3. Richtige Verwendung und Anpassung
  4. Grenzen des Schutzes
  5. Pflege und Wartung
  6. Kontrolle vor jedem Einsatz
  7. Verhalten bei Schäden
  8. Ergänzende Schutzmaßnahmen

Dokumentation:

  • Datum der Unterweisung
  • Inhalte
  • Teilnehmer mit Unterschrift
  • Nachweis der Ausgabe der PSA

Unterweisungen müssen mindestens jährlich wiederholt und bei Änderungen oder Unfällen aktualisiert werden.

Schnittschutz in verschiedenen Branchen

Forstwirtschaft und Baumpflege

Besonderheiten:

  • Höchste Anforderungen an Schnittschutz
  • Kombination mit Absturzsicherung bei Baumkletterern, siehe auch Absturzsicherung im Arbeitsschutz
  • Wechselnde Witterungsbedingungen
  • Lange Einsatzdauern

Empfohlene Ausstattung:

  • Schnittschutzhose Klasse 2, Typ A
  • Schnittschutzjacke für Baumpfleger
  • Schnittschutzstiefel
  • Forsthelm mit Gesichts- und Gehörschutz
  • Schnittschutzhandschuhe für Greifhand

Garten- und Landschaftsbau

Besonderheiten:

  • Wechselnde Tätigkeiten (nicht nur Motorsägenarbeiten)
  • Häufiges An- und Ausziehen
  • Sichtbarkeit im Straßenverkehr wichtig

Empfohlene Ausstattung:

  • Schnittschutzhose Klasse 1, Typ B (flexibel einsetzbar)
  • Alternativ: Schnittschutzgamaschen für gelegentliche Sägearbeiten
  • Kombination mit Warnschutzkleidung

Lebensmittelindustrie und Gastronomie

Besonderheiten:

  • Handgeführte Messer, Aufschnittmaschinen
  • Hygieneanforderungen
  • Feinmotorik erforderlich

Empfohlene Ausstattung:

  • Schnittschutzhandschuhe nach EN 388 (Level 3-5)
  • Schnittschutzschürzen
  • Unterarmschützer
  • Waschbar bei hohen Temperaturen

Metall- und Glasverarbeitung

Besonderheiten:

  • Scharfkantige Materialien
  • Hitzegefährdung
  • Kombination mit anderen PSA-Anforderungen

Empfohlene Ausstattung:

Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden

Falsche Schutzklasse gewählt

Fehler: Klasse 0 oder 1 bei professioneller Waldarbeit mit großen Motorsägen.

Lösung: Schutzklasse immer passend zur verwendeten Motorsäge und Tätigkeit wählen. Profis sollten mindestens Klasse 2 tragen.

Schnittschutzkleidung passt nicht richtig

Fehler: Zu kurze Hosenbeine, verrutschende Gamaschen, zu enge Jacken.

Lösung: Vor dem Kauf anprobieren, Bewegungsfreiheit testen. Hosenlänge muss bis zum Rist der Stiefel reichen.

Weiterverwendung nach Schnittkontakt

Fehler: Schnittschutzhose nach Motorsägen-Kontakt weiter getragen, weil äußerlich kein Schaden sichtbar.

Lösung: Nach jedem Schnittkontakt sofort austauschen. Schutzfasern können intern beschädigt sein.

Falsche Pflege

Fehler: Trockner-Nutzung, Bleichmittel, Lagerung in feuchter Umgebung.

Lösung: Herstellerangaben strikt befolgen. Lufttrocknen, schonende Waschmittel, trockene Lagerung.

Zu lange Nutzung

Fehler: Schnittschutzhose wird jahrelang ohne Prüfung getragen.

Lösung: Regelmäßige Inspektion, Austausch nach Herstellervorgaben oder bei Verschleiß. Bei täglicher Nutzung maximal 1-2 Jahre.

Kombination mit ungeeigneter Kleidung

Fehler: Schnittschutzgamaschen über weiter, hängender Hose.

Lösung: Gamaschen nur über anliegender Kleidung tragen. Lose Kleidungsteile können von Säge erfasst werden.

Fehlende Ergänzungen

Fehler: Schnittschutzhose tragen, aber keine Schnittschutzstiefel oder keinen Helm.

Lösung: Vollständige PSA-Ausstattung gemäß Gefährdungsbeurteilung. Schnittschutz ist nur ein Teil des Gesamtschutzes.

Wirtschaftlichkeit und Kostenbetrachtung

Anschaffungskosten

Beispielkalkulation für einen Forstwirt:

  • Schnittschutzhose Klasse 2: 150 Euro
  • Schnittschutzjacke: 180 Euro
  • Schnittschutzstiefel: 200 Euro
  • Forsthelm mit Gesichts- und Gehörschutz: 80 Euro
  • Schnittschutzhandschuhe: 30 Euro
  • Gesamt: ca. 640 Euro

Lebensdauer und Folgekosten

Bei täglicher Nutzung:

  • Schnittschutzhose: 1-2 Jahre, ca. 75-150 Euro/Jahr
  • Schnittschutzjacke: 2-3 Jahre, ca. 60-90 Euro/Jahr
  • Stiefel: 1-2 Jahre, ca. 100-200 Euro/Jahr
  • Helm: 4-5 Jahre, ca. 16-20 Euro/Jahr
  • Handschuhe: mehrmals jährlich, ca. 60-90 Euro/Jahr

Gesamtkosten pro Jahr: ca. 310-550 Euro

Einsparungen durch Unfallvermeidung

Kosten eines Schnittunfalls:

  • Arbeitsausfall: mehrere Wochen bis Monate
  • Produktionsausfall: je nach Betriebsgröße 500-5.000 Euro/Tag
  • Behandlungskosten: von Berufsgenossenschaft getragen, aber Unfallmeldung, Dokumentation
  • Langfristige Beeinträchtigungen: Arbeitsunfähigkeit, Umschulungen
  • Image-Schaden bei schweren Unfällen

Fazit: Investition in hochwertige Schnittschutzkleidung rechnet sich bereits bei Vermeidung eines einzigen Unfalls.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Schnittschutzkleidung ist unverzichtbar für alle Tätigkeiten mit schnell laufenden Schneidwerkzeugen. Die richtige Auswahl, Pflege und Nutzung kann Leben retten und schwere Verletzungen verhindern.

Checkliste für die Auswahl:

  • Gefährdungsbeurteilung durchführen
  • Passende Norm und Schutzklasse wählen (meist EN 381, Klasse 1 oder 2)
  • Typ nach Schutzbereich bestimmen (Typ A für Rundumschutz, Typ B für Front und Seiten)
  • Richtige Passform sicherstellen
  • CE-Zertifizierung und Kennzeichnung prüfen
  • Tragekomfort und Bewegungsfreiheit testen
  • Ergänzende PSA berücksichtigen (Helm, Stiefel, Handschuhe)
  • Unterweisung der Mitarbeiter durchführen
  • Regelmäßige Inspektion und Wartung planen
  • Budget für regelmäßigen Ersatz einplanen

Die drei wichtigsten Tipps:

  1. Nie ohne zertifizierte Schnittschutzkleidung mit Motorsägen arbeiten – auch nicht für “nur kurz”
  2. Schnittschutzkleidung nach jedem Schnittkontakt sofort austauschen – innere Schäden sind nicht sichtbar
  3. Regelmäßig prüfen und pflegen – nur intakte Schnittschutzkleidung schützt zuverlässig

Schnittschutzkleidung ist eine Investition in Sicherheit und Gesundheit. Sparen am falschen Ende kann lebensgefährlich sein. Setzen Sie auf zertifizierte Qualität, richtige Pflege und umfassende Unterweisung – für maximale Sicherheit am Arbeitsplatz.