Lärmschwerhörigkeit gehört zu den häufigsten Berufskrankheiten in Deutschland. Über 5.000 neue Fälle werden jährlich anerkannt – und die Dunkelziffer ist hoch. Das Tückische: Lärm verursacht zunächst keine Schmerzen, Gehörschäden entwickeln sich schleichend und sind irreversibel. Gehörschutz am Arbeitsplatz ist daher keine Option, sondern bei entsprechender Lärmbelastung gesetzliche Pflicht. Doch welcher Gehörschutz ist für welchen Einsatz geeignet? Wie funktionieren SNR-Werte, und worauf sollten Sie beim Kauf achten? Dieser umfassende Ratgeber liefert alle wichtigen Informationen für Arbeitgeber, Sicherheitsbeauftragte und Arbeitnehmer. Eine vollständige Schutzausrüstung am Arbeitsplatz umfasst neben dem Gehörschutz auch die richtige Schutzbrille im Arbeitsschutz, um Augen vor mechanischen Gefahren zu schützen.
Warum Gehörschutz am Arbeitsplatz unverzichtbar ist
Das menschliche Gehör ist empfindlich. Dauerhafte Lärmbelastung schädigt die Haarsinneszellen im Innenohr – und diese regenerieren sich nicht. Einmal zerstört, ist die Schwerhörigkeit dauerhaft.
Typische lärmintensive Arbeitsplätze:
- Baugewerbe: Presslufthammer (100-110 dB), Betonmischer (90 dB), Kreissägen (100 dB), Schlagbohrmaschinen (95 dB)
- Holzverarbeitung: Fräsmaschinen (95-105 dB), Hobelmaschinen (90-95 dB), Kettensägen (105-115 dB)
- Metallbearbeitung: Schleifarbeiten (90-100 dB), Schmiedehämmer (100-110 dB), Stanzen (95-105 dB)
- Industrie: Webstühle (100 dB), Pressen (100-110 dB), Kompressoren (90-100 dB), Gebläse (90-95 dB)
- Flughäfen: Flugzeugturbinen (120-140 dB), Bodenpersonal dauerhaft über 85 dB
- Musik und Events: Konzerte (100-110 dB), Diskotheken (100-110 dB), Proberäume (95-110 dB)
- Schießsport und Jagd: Schusswaffen (140-170 dB Impulslärm)
Ab 85 dB über acht Stunden täglich steigt das Risiko für Lärmschwerhörigkeit deutlich. Bei Impulslärm (kurze, extrem laute Geräusche wie Hammerschläge oder Schüsse) können schon einzelne Ereignisse über 135 dB zu sofortigen Gehörschäden führen.
Folgen von Lärmbelastung:
- Temporäre Hörschwellenverschiebung: Nach lauten Ereignissen vorübergehend schlechteres Hören, Druck- oder Völlegefühl im Ohr, Tinnitus. Erholt sich meist innerhalb von Stunden bis Tagen.
- Permanente Hörschwellenverschiebung: Dauerhafte Schwerhörigkeit, meist zunächst im Hochtonbereich (3000-6000 Hz). Führt zu Problemen beim Sprachverstehen, besonders in lauten Umgebungen.
- Tinnitus: Dauerhaftes Ohrgeräusch (Pfeifen, Rauschen, Summen). Kann die Lebensqualität massiv beeinträchtigen.
- Hyperakusis: Überempfindlichkeit gegen normale Alltagsgeräusche.
- Soziale Isolation: Schwerhörigkeit erschwert Kommunikation und führt oft zu Rückzug.
Gehörschutz verhindert diese Schäden – wenn er richtig ausgewählt und konsequent getragen wird.
Gesetzliche Grundlagen: Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung
Die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV) regelt den Schutz von Beschäftigten vor Lärm. Sie definiert Auslösewerte und Expositionsgrenzwerte:
Untere Auslösewerte (80 dB(A) bzw. 135 dB(C) Spitzenpegel):
- Arbeitgeber muss Gefährdungsbeurteilung durchführen
- Gehörschutz bereitstellen und anbieten
- Mitarbeiter über Risiken unterweisen
- Arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten (Angebotsvorsorge)
Obere Auslösewerte (85 dB(A) bzw. 137 dB(C) Spitzenpegel):
- Tragegebot für Gehörschutz (Pflicht zum Tragen)
- Lärmbereiche kennzeichnen (Gebotszeichen M003 “Gehörschutz benutzen”)
- Lärmarme Arbeitsverfahren prüfen
- Lärmminderungsprogramm erstellen
- Arbeitsmedizinische Vorsorge ist Pflicht (Pflichtvorsorge)
Expositionsgrenzwerte (87 dB(A) bzw. 140 dB(C) Spitzenpegel):
- Dürfen unter Berücksichtigung der dämmenden Wirkung des Gehörschutzes nicht überschritten werden
- Werden Grenzwerte trotz Gehörschutz überschritten, müssen sofort Maßnahmen zur Lärmreduzierung ergriffen werden
Wichtig: Die dB(A)-Werte beziehen sich auf eine 8-Stunden-Schicht. Bei kürzerer Expositionsdauer sind höhere Pegel zulässig, bei längerer entsprechend niedrigere. Die sogenannte Austauschrate beträgt 3 dB: Jede Halbierung der Expositionszeit erlaubt 3 dB mehr Lärm (und umgekehrt).
Beispiel: 88 dB für 4 Stunden entspricht 85 dB für 8 Stunden. 82 dB für 16 Stunden ebenfalls.
Arten von Gehörschutz im Überblick
Gehörschutz lässt sich in drei Hauptkategorien einteilen:
Gehörschutzstöpsel (Ohrstöpsel)
Werden direkt im Gehörgang getragen. Verschiedene Ausführungen:
Einweg-Schaumstoffstöpsel: Aus langsam expandierendem Schaumstoff (meist Polyurethan). Vor dem Einsetzen zusammenrollen, dann dehnen sie sich im Gehörgang aus und dichten ab. Günstig (0,10-0,50 Euro pro Paar), hygienisch (täglich neu), hohe Dämmwerte (SNR 28-37). Nachteil: Einmalgebrauch, gewöhnungsbedürftig, hygienische Handhabung erforderlich.
Wiederverwendbare Stöpsel: Aus Silikon, Thermoplast oder mehrschichtigem Kunststoff. Vorgeformte Lamellen oder konische Form. Leicht einzusetzen, waschbar, haltbar (mehrere Monate). Dämmung meist etwas geringer als Schaumstoff (SNR 20-30). Ideal für regelmäßige Nutzung.
Angepasste Gehörschutzstöpsel (Otoplastiken): Individual nach Ohrabdruck gefertigte Stöpsel. Perfekter Sitz, höchster Tragekomfort, verschiedene Filter für unterschiedliche Dämmstärken wählbar. Langlebig (mehrere Jahre). Kosten: 100-200 Euro pro Paar. Lohnt sich bei täglicher Nutzung.
Gehörschutzstöpsel mit Band: Stöpsel sind über Kunststoffbügel verbunden, der um den Nacken oder unter dem Kinn getragen wird. Praktisch zum schnellen Auf- und Absetzen bei wechselnder Lärmbelastung. Dämmwerte niedriger als klassische Stöpsel (SNR 20-26), da oft nicht so tief im Gehörgang sitzend.
Kapselgehörschutz (Gehörschutzkapseln)
Muschelförmige Kapseln mit Dämmeinlagen, die die Ohren vollständig umschließen. Über Kopfbügel, Nackenbügel oder Helmadapter befestigt.
Passiver Kapselgehörschutz: Dämmung erfolgt rein durch Masse und Dämmaterial der Kapseln. Dämmwerte SNR 20-35, je nach Modell. Vorteile: Einfach auf- und abzusetzen, keine hygienischen Anforderungen wie bei Ohrstöpseln, gleichmäßige Dämmung über alle Frequenzen. Nachteile: Höheres Gewicht, kann drücken bei langem Tragen, Hitzestau im Sommer, nicht mit allen Schutzhelmtypen kombinierbar.
Aktiver Kapselgehörschutz (elektronisch): Mikrofone nehmen Umgebungsgeräusche auf, Elektronik dämpft laute Geräusche automatisch ab, leise Geräusche (Sprache, Warnsignale) werden durchgelassen oder sogar verstärkt. Ermöglicht Kommunikation trotz Gehörschutz. Dämmwerte bei lauten Geräuschen wie passive Kapseln (SNR 25-32). Kosten: 50-300 Euro. Ideal für Schießstände, Jagd, Arbeitsplätze mit Kommunikationsbedarf.
Kapselgehörschutz mit Radio oder Bluetooth: Integrierte Lautsprecher für Musik, Telefonate oder Funkgeräte. Verbindet Gehörschutz mit Unterhaltung oder Kommunikation. Dämmwerte SNR 24-32. Kosten: 40-150 Euro. Beliebt auf Baustellen, in Werkstätten und Gärtnereien.
Otoplastiken und spezielle Systeme
Otoplastiken: Maßgefertigte Gehörschutzstöpsel aus Silikon oder Acryl. Perfekte Passform, höchster Komfort, austauschbare Filter ermöglichen verschiedene Dämmstärken. Besonders für Musiker gibt es spezielle Otoplastiken mit linearer Dämmung (alle Frequenzen gleichmäßig gedämpft), die Klangqualität erhalten.
Impulslärmdämpfer: Spezielle Ventilsysteme oder elektronische Lösungen, die nur auf plötzliche laute Geräusche reagieren (Schüsse, Hammerschläge). Bei normalen Geräuschpegeln bleibt der Gehörgang offen. Ideal für Schießsport und Schmiedearbeiten.
Kommunikationssysteme: Gehörschutz mit integrierten Funkgeräten oder Gegensprechanlagen. Für Arbeitsumgebungen, in denen Kommunikation trotz Lärm erforderlich ist (Flughafenpersonal, Industrieanlagen, Militär).
Die wichtigste Norm: EN 352 und Dämmwerte
Gehörschutz muss nach EN 352 zertifiziert sein. Diese Norm umfasst mehrere Teile:
- EN 352-1: Kapselgehörschutz
- EN 352-2: Gehörschutzstöpsel
- EN 352-3: Kapselgehörschutz an Industrieschutzhelmen
- EN 352-4: Pegelabhängiger Kapselgehörschutz (elektronisch)
- EN 352-5: Kapselgehörschutz mit aktiver Geräuschkompensation
- EN 352-6: Kapselgehörschutz mit elektrischer Audioeingabe (Musik, Funk)
- EN 352-7: Pegelabhängige Gehörschutzstöpsel (elektronisch)
- EN 352-8: Kapselgehörschutz mit Unterhaltungsaudio
Dämmwerte verstehen: SNR, H, M, L
Auf jedem Gehörschutz finden Sie Dämmwerte. Diese geben an, wie stark der Lärmpegel reduziert wird.
SNR (Single Number Rating): Einzahlwert für die durchschnittliche Schalldämmung über alle Frequenzen. Einfachste Angabe. Beispiel: SNR 30 bedeutet durchschnittlich 30 dB Dämmung.
H, M, L (High, Medium, Low): Dämmwerte für verschiedene Frequenzbereiche.
- H (High): Hohe Frequenzen (2000-8000 Hz). Beispiel: H=34 bedeutet 34 dB Dämmung bei hohen Tönen.
- M (Medium): Mittlere Frequenzen (1000-2000 Hz). Beispiel: M=28.
- L (Low): Tiefe Frequenzen (63-1000 Hz). Beispiel: L=18.
Hohe Frequenzen sind meist leichter zu dämmen als tiefe. Deshalb ist der H-Wert oft höher als M und L.
Wozu braucht man H, M, L?
Für genauere Berechnung, besonders bei spezifischen Geräuschspektren. Maschinengeräusche mit vielen hohen Frequenzen (Kreissäge, Winkelschleifer) werden stärker gedämpft als tieffrequente (Dieselmotor, Kompressor).
Praxiswert vs. Laborwert:
Die angegebenen Dämmwerte werden unter idealen Laborbedingungen ermittelt. In der Praxis wird oft nur 50-70% der angegebenen Dämmung erreicht. Gründe: Unsachgemäßes Einsetzen (besonders bei Ohrstöpseln), Undichtigkeiten (Brillenbügel, Barthaare bei Kapseln), Abnutzung, Bewegung.
Faustformel: Rechnen Sie real mit SNR minus 5-10 dB. Bei SNR 30 erwarten Sie 20-25 dB tatsächliche Dämmung.
Überprotektion vermeiden
Mehr Dämmung ist nicht immer besser. Zu starker Gehörschutz kann gefährlich sein:
- Warnsignale nicht hörbar: Gabelstapler, Kräne, Alarmsignale müssen wahrnehmbar bleiben.
- Kommunikation unmöglich: Absprachen, Anweisungen gehen verloren.
- Isolation: Völlige akustische Abschirmung ist unangenehm und kann zu Unsicherheitsgefühl führen.
- Kompensation: Manche Träger schreien, um sich selbst zu hören, was Stimmbänder belastet.
Ziel: Lärmpegel am Ohr sollte auf 70-80 dB reduziert werden. Das ermöglicht noch Sprachkommunikation und Wahrnehmung wichtiger Geräusche, schützt aber zuverlässig vor Gehörschäden.
Rechenbeispiel:
Lärmpegel: 100 dB Ziel: 75 dB am Ohr Benötigte Dämmung: 25 dB Wählen Sie Gehörschutz mit SNR 30-35 (real 20-25 dB)
Auswahl des richtigen Gehörschutzes
Die Auswahl hängt von mehreren Faktoren ab:
1. Lärmpegel und Frequenzspektrum ermitteln
Lärmmessung: Der Arbeitgeber muss bei Verdacht auf Überschreitung der Auslösewerte (80 dB(A)) eine Lärmmessung durchführen. Entweder mit kalibriertem Schallpegelmessgerät oder durch Fachfirmen/Berufsgenossenschaften.
Näherungswerte: Wenn keine Messung vorliegt, bieten Maschinenhersteller oft Lärmangaben. Auch Berufsgenossenschaften und die DGUV stellen Lärmdatenbanken bereit.
Frequenzspektrum: Relevant für H-M-L-Berechnung. Hochfrequente Geräusche (Sägen, Schleifer) vs. tieffrequente (Motoren, Pressen).
2. Expositionsdauer berücksichtigen
Ganztagseinsatz (größer 4 Stunden): Komfort ist entscheidend. Leichte, gut sitzende Gehörschutzstöpsel oft angenehmer als schwere Kapseln. Wiederverwendbare Stöpsel oder Otoplastiken lohnen sich.
Kurzzeitige Lärmspitzen (weniger als 1 Stunde kumuliert): Kapselgehörschutz praktisch – schnell auf- und abzusetzen. Gehörschutzstöpsel mit Band für häufiges Wechseln.
Wechselnde Lärmbelastung: Aktiver elektronischer Gehörschutz ermöglicht Kommunikation in Ruhephasen, dämpft automatisch bei Lärm.
3. Arbeitsbedingungen beachten
Hohe Temperaturen, körperliche Arbeit: Kapselgehörschutz führt zu Hitzestau und Schwitzen. Gehörschutzstöpsel sind kühler.
Kombination mit Schutzhelm: Nicht alle Kapselgehörschützer sind helmkompatibel. Wählen Sie Kapseln mit Helmadapter (EN 352-3) oder Gehörschutzstöpsel. Informationen zur richtigen Schutzhelm-Auswahl auf der Baustelle helfen bei der Kompatibilitätsprüfung.
Kombination mit Brille: Brillenbügel können Dichtigkeit von Kapseln beeinträchtigen (bis zu 10 dB weniger Dämmung). Gehörschutzstöpsel sind hier vorteilhaft. Alternativ: Spezielle Kapseln mit Aussparungen für Brillenbügel.
Staubige oder schmutzige Umgebung: Gehörschutzstöpsel erfordern saubere Hände beim Einsetzen. In sehr schmutzigen Bereichen (Bergbau, Abbrucharbeiten) sind Kapseln hygienischer.
Kommunikationsbedarf: Aktiver Gehörschutz oder Systeme mit Funkintegration für Arbeitsplätze, bei denen Kommunikation wichtig ist (Flughafen, Werft, Bauleitung).
4. Individuelle Faktoren
Gehörgangsform: Manche Menschen haben sehr enge, gewinkelte oder weite Gehörgänge. Nicht jeder Ohrstöpsel passt. Probieren Sie verschiedene Modelle oder lassen Sie sich Otoplastiken anpassen.
Empfindlichkeit: Manche vertragen keine Fremdkörper im Ohr. Hier bleibt nur Kapselgehörschutz.
Allergien: Schaumstoffstöpsel können in seltenen Fällen Allergien auslösen. Alternativen: Silikon, TPE (Thermoplastische Elastomere).
Tragekomfort: Der beste Gehörschutz nützt nichts, wenn er nicht getragen wird. Lassen Sie Mitarbeiter verschiedene Modelle testen und wählen.
5. Spezielle Anforderungen
Musik/Konzerte: Spezielle Musiker-Gehörschutzstöpsel mit linearer Dämmung (z.B. Alpine MusicSafe, Elacin ER). Dämpfen alle Frequenzen gleichmäßig, Klang bleibt erhalten, nur leiser.
Schießsport/Jagd: Impulslärm bis 170 dB erfordert höchsten Schutz. Elektronischer aktiver Gehörschutz ideal: Normale Geräusche (Schritte, Sprache) hörbar, Schüsse sofort gedämpft.
Schwimmen/Wasser: Spezielle wasserdichte Ohrstöpsel zum Schutz vor Wasser (verhindern Gehörgangsentzündungen), aber kein Lärmschutz im klassischen Sinn.
Schlafen/Konzentration: Spezielle Schlafstöpsel aus weichem Schaumstoff (SNR 25-35) für Nachtschichtarbeiter, Schichtruhe oder konzentriertes Arbeiten in lauten Umgebungen.
Bekannte Hersteller von Gehörschutz
3M/Peltor: Weltmarktführer. Breites Sortiment an Kapselgehörschutz (X-Serie, Optime-Serie) und Gehörschutzstöpsel (E-A-R Classic, 1100). Hohe Qualität, bewährt in allen Branchen. Peltor-Kapseln mit Helmadaptern Standard auf vielen Baustellen.
Honeywell/Howard Leight: US-Hersteller mit großem Gehörschutz-Sortiment. Laser Lite und Max Lite Ohrstöpsel sehr beliebt (bunt, hohe Dämmung, komfortabel). Impact-Serie bei elektronischem Gehörschutz führend.
Moldex: Deutsche Traditionsfirma, spezialisiert auf Atemschutz und Gehörschutz. Spark Plugs (schaumstoff, farbenfroh, hohe Dämmung) und wiederverwendbare Rockets sehr verbreitet. M-Serien-Kapseln robust und zuverlässig.
Uvex: Deutscher Arbeitsschutz-Spezialist. Gehörschutzstöpsel (x-fit, hi-com, whisper) und Kapseln (K-Serie) mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Oft in Kombination mit Schutzbrillen und Helmen.
MSA: US-Hersteller, bekannt für Sicherheitsausrüstung. MSA left/RIGHT Gehörschutzstöpsel anatomisch geformt (für linkes/rechtes Ohr), sehr komfortabel. Supreme-Kapseln robust.
Alpine: Niederländischer Hersteller hochwertiger Gehörschutzstöpsel. Spezialisiert auf Musik-, Motorrad- und Arbeitsschutzstöpsel mit Filtertechnologie. Hoher Tragekomfort, verschiedene Dämmstärken wählbar.
Bilsom (Honeywell): Traditionsmarke, heute zu Honeywell gehörend. 303-Kapseln (grün, klassisches Design) weltweit verbreitet, besonders in Industrie.
Sordin: Schwedischer Spezialist für elektronischen Gehörschutz. Supreme-Serie bei Militär, Polizei und Jägern sehr geschätzt. Höchste Klangqualität, robuste Bauweise.
Walker’s: US-Hersteller von elektronischem Gehörschutz für Schießsport. Razor-Serie bietet gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bei aktiven Kapseln.
Richtige Anwendung von Gehörschutz
Gehörschutz schützt nur bei korrekter Anwendung. Häufige Fehler reduzieren die Schutzwirkung drastisch.
Gehörschutzstöpsel richtig einsetzen
Schaumstoffstöpsel:
- Hände waschen: Saubere Hände verhindern Ohrinfektionen.
- Stöpsel zusammenrollen: Mit Daumen und Zeigefinger zu dünner Rolle formen, keine Falten.
- Ohr öffnen: Mit anderer Hand über den Kopf greifen und Ohrmuschel nach oben und hinten ziehen. Das streckt den Gehörgang.
- Stöpsel einführen: Tief in den Gehörgang schieben (etwa 1/3 sollte noch sichtbar sein).
- Expandieren lassen: 30-60 Sekunden halten, während Schaumstoff sich ausdehnt und abdichtet.
- Kontrolle: Stimme klingt dumpf/hohl, Umgebungsgeräusche deutlich leiser. Wenn nicht: Stöpsel entfernen und neu einsetzen.
Wiederverwendbare Stöpsel:
Einfacher als Schaumstoff. Ohr nach oben/hinten ziehen, Stöpsel mit leichtem Drehen in Gehörgang einführen bis er fest sitzt. Meist haben die Stöpsel Lamellen oder konische Form, die für Abdichtung sorgen.
Häufige Fehler:
- Stöpsel nicht tief genug eingesetzt (größter Fehler, reduziert Dämmung um 10-15 dB)
- Ohr nicht gestreckt vor Einsetzen
- Schaumstoff nicht komplett zusammengerollt
- Zu schnell losgelassen (Stöpsel expandiert nicht richtig)
- Schmutzige Hände
Kapselgehörschutz richtig aufsetzen
- Kopfbügel aufsetzen: Bügel sollte über dem Kopf verlaufen (bei Kopfbügelmodellen) oder im Nacken (bei Nackenbügelmodellen).
- Kapseln positionieren: Ohrmuscheln müssen vollständig von Kapseln umschlossen sein. Dichtungsringe liegen gleichmäßig am Kopf an.
- Größe einstellen: Bügelschienen ausziehen bis angenehmer, gleichmäßiger Druck entsteht. Nicht zu fest (Kopfschmerzen), nicht zu locker (undicht).
- Haare und Brille: Lange Haare sollten nicht zwischen Dichtung und Kopf liegen. Brillenbügel möglichst dünn, am besten unter den Kapseln hindurch.
- Kontrolle: Leichter Druck spürbar, Umgebung deutlich leiser, keine Undichtigkeiten.
Häufige Fehler:
- Zu lockerer Sitz (Dämmung sinkt um 5-15 dB)
- Haare oder Kleidung zwischen Dichtung und Kopf
- Beschädigte oder verhärtete Dichtungsringe
- Brille mit dicken Bügeln stört Abdichtung
Pflege und Wartung
Gehörschutzstöpsel
Einweg-Schaumstoff: Täglich neu verwenden. Nicht waschen (zerstört Struktur). Bei sichtbarer Verschmutzung oder nach 8 Stunden Tragedauer entsorgen.
Wiederverwendbare Stöpsel: Nach jedem Einsatz mit lauwarmem Wasser und milder Seife reinigen, gründlich abspülen, vollständig trocknen lassen. Hygienische Aufbewahrung in Etui. Wechseln bei Verfärbung, Verhärtung, Rissen oder verminderter Dämmung (meist nach 2-6 Monaten).
Otoplastiken: Regelmäßig mit Spezialreiniger oder milder Seife säubern, trocknen, in Etui aufbewahren. Filter je nach Herstellerangabe wechseln (meist jährlich). Otoplastik selbst hält mehrere Jahre.
Kapselgehörschutz
Nach jedem Einsatz: Dichtungsringe und Kapseln mit feuchtem Tuch abwischen. Schweiß und Schmutz entfernen.
Regelmäßig (wöchentlich bei täglicher Nutzung): Kapseln mit lauwarmem Wasser und milder Seife reinigen. Keine Lösungsmittel oder aggressive Reiniger (schädigen Kunststoff und Dichtungen).
Dichtungsringe prüfen: Bei Verhärtung, Rissen, dauerhafter Verformung oder nachlassender Dämmwirkung austauschen. Meist nach 6-12 Monaten bei täglicher Nutzung. Originalersatzteile des Herstellers verwenden.
Kopfbügel: Auf Risse, Verformungen oder nachlassende Federspannung prüfen. Polster bei Bedarf austauschen.
Lagerung: Trocken, staubfrei, vor Sonnenlicht geschützt. Nicht zusammengedrückt (verformt Dichtungen). Am besten in Schutztasche oder -box.
Elektronischer Gehörschutz: Batterien/Akkus regelmäßig wechseln/laden. Elektronik vor Feuchtigkeit schützen. Nach Herstellerangaben warten.
Lebensdauer
- Einweg-Ohrstöpsel: 1 Tag (max. 8 Stunden)
- Wiederverwendbare Ohrstöpsel: 2-6 Monate
- Otoplastiken: 3-5 Jahre (Filter jährlich wechseln)
- Kapselgehörschutz: Dichtungen 6-12 Monate, Kopfbügel/Kapseln mehrere Jahre
- Elektronischer Gehörschutz: 3-10 Jahre je nach Qualität und Pflege
Häufige Fehler vermeiden
Gehörschutz nicht konsequent tragen: “Nur kurz” ohne Gehörschutz arbeiten summiert sich. Auch kurze Lärmspitzen schädigen. Regel: Sobald Sie Ihre Stimme anheben müssen, um verstanden zu werden, brauchen Sie Gehörschutz.
Falsche Größe oder Typ: Nicht jeder Gehörschutz passt jedem. Probieren Sie verschiedene Modelle. Bei dauerhaft schlechtem Sitz sind Otoplastiken die Lösung.
Zu viel oder zu wenig Dämmung: SNR 37 ist nicht immer besser als SNR 25. Wählen Sie angemessen zum Lärmpegel.
Verschmutzte oder beschädigte Produkte weiterverwenden: Reduziert Schutzwirkung und erhöht Infektionsrisiko.
Unsachgemäßes Einsetzen: Besonders bei Schaumstoffstöpseln häufig. Nehmen Sie sich Zeit, folgen Sie der Anleitung.
Keine Unterweisung: Arbeitgeber muss Mitarbeiter in korrekter Anwendung schulen. Video-Anleitungen helfen.
Gehörschutz teilen: unhygienisch und kann Infektionen übertragen. Jeder sollte eigenen Gehörschutz haben.
Billigprodukte ohne Zertifizierung: CE-Kennzeichnung und EN 352 sind Pflicht. Billigimporte ohne Prüfung schützen oft unzureichend.
Kosten und Preis-Leistungs-Verhältnis
Einweg-Ohrstöpsel: 0,10-0,50 Euro pro Paar. Bei täglichem Gebrauch: 25-125 Euro pro Jahr und Person.
Wiederverwendbare Ohrstöpsel: 2-10 Euro pro Paar. Halten 2-6 Monate, Jahreskosten: 4-20 Euro.
Ohrstöpsel mit Band: 3-8 Euro. Halten 3-6 Monate.
Kapselgehörschutz (passiv): 8-50 Euro. Einsteigermodelle ab 8 Euro erfüllen Norm, bieten aber oft wenig Komfort. Qualitätsmodelle 20-35 Euro mit besseren Dichtungen, Polsterung und Haltbarkeit. Premiumkapseln 40-50 Euro.
Kapselgehörschutz mit Helmadapter: 25-60 Euro (ohne Helm). Adapter müssen zum Helmtyp passen (nicht universal).
Aktiver elektronischer Kapselgehörschutz: 50-300 Euro. Einsteigermodelle 50-80 Euro für Heimwerker und Schießsport. Profimodelle 150-300 Euro mit besserer Elektronik, Klangqualität und Robustheit.
Kapselgehörschutz mit Radio/Bluetooth: 40-150 Euro. Einfache Modelle mit UKW-Radio ab 40 Euro, Bluetooth-Modelle 80-150 Euro.
Otoplastiken: 100-250 Euro pro Paar. Einmalige Investition, halten mehrere Jahre. Amortisiert sich bei täglicher Nutzung innerhalb 1-2 Jahren gegenüber Einwegstöpseln.
Wirtschaftlichkeit:
Bei gelegentlicher Nutzung (weniger als 10x pro Jahr): Einweg-Ohrstöpsel oder günstiger Kapselgehörschutz (10-15 Euro).
Bei regelmäßiger Nutzung (wöchentlich): Wiederverwendbare Stöpsel (5-10 Euro) oder Kapselgehörschutz (20-35 Euro).
Bei täglicher Nutzung: Hochwertige Kapseln (35-50 Euro) oder Otoplastiken (100-200 Euro). Komfort zahlt sich aus – wird konsequenter getragen.
Arbeitgeber: Muss Gehörschutz kostenlos bereitstellen. Bei mehreren Mitarbeitern lohnen sich Sammelbestellungen. Für Baustellen: Einweg-Stöpsel in großen Packungen (500-1000 Paar) deutlich günstiger (0,05-0,15 Euro pro Paar).
Arbeitsmedizinische Vorsorge
Bei Lärmexposition ist arbeitsmedizinische Vorsorge gesetzlich vorgeschrieben:
Angebotsvorsorge (ab 80 dB(A)): Arbeitgeber muss arbeitsmedizinische Untersuchung anbieten, Arbeitnehmer kann ablehnen. Untersuchung umfasst:
- Anamnese (bisherige Lärmbelastung, Vorerkrankungen)
- Otoskopie (Untersuchung des Gehörgangs und Trommelfells)
- Tonaudiometrie (Hörtest verschiedener Frequenzen)
- Beratung zu Gehörschutz
Pflichtvorsorge (ab 85 dB(A)): Untersuchung ist verpflichtend vor Aufnahme der Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen (meist alle 3 Jahre, bei über 50-Jährigen oder Auffälligkeiten häufiger).
Ziel: Früherkennung von Gehörschäden. Bei ersten Anzeichen können Schutzmaßnahmen verstärkt werden. Fortgeschrittene Lärmschwerhörigkeit ist irreversibel, frühe Stadien lassen sich stoppen.
Audiogramm: Das Ergebnis des Hörtests zeigt Hörschwellen bei verschiedenen Frequenzen. Typisches Zeichen für Lärmschwerhörigkeit: C5-Senke (schlechteres Hören bei 4000-6000 Hz, auf die Lärm besonders schädlich wirkt).
Konsequenzen: Bei fortschreitender Schwerhörigkeit trotz Gehörschutzes muss der Arbeitgeber zusätzliche Maßnahmen ergreifen (besserer Gehörschutz, technische Lärmminderung, Umsetzung auf lärmärmeren Arbeitsplatz).
Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung
Arbeitnehmer: Wer Gehörschutz in Lärmbereichen nicht trägt, begeht Ordnungswidrigkeit. Arbeitsrechtliche Konsequenzen (Abmahnung, Kündigung) möglich. Bei Gehörschäden kann Berufsgenossenschaft Leistungen kürzen, wenn Schutzpflicht vorsätzlich missachtet wurde.
Arbeitgeber: Fehlender Gehörschutz in Lärmbereichen ab 85 dB ist Ordnungswidrigkeit (Bußgeld bis 25.000 Euro). Bei Gehörschäden durch unterlassenen Schutz droht strafrechtliche Verfolgung (fahrlässige Körperverletzung). Zivilrechtliche Schadensersatzforderungen möglich.
Führungskräfte und Sicherheitsbeauftragte: Können persönlich haftbar gemacht werden, wenn sie Verstöße dulden oder nicht eingreifen.
Lärmschwerhörigkeit ist eine der häufigsten anerkannten Berufskrankheiten (BK 2301). Die Berufsgenossenschaften zahlen jährlich hunderte Millionen Euro an Entschädigungen. Prävention durch konsequenten Gehörschutz ist volkswirtschaftlich und individuell sinnvoller als Behandlung irreversibler Schäden.
Fazit: Gehörschutz rettet Ihr Gehör
Lärmschwerhörigkeit entwickelt sich schleichend, ist aber irreversibel. Richtiger Gehörschutz verhindert diese Schäden – wenn er passend ausgewählt und konsequent getragen wird.
Die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
- Ab 80 dB(A) muss Arbeitgeber Gehörschutz bereitstellen, ab 85 dB(A) besteht Tragepflicht
- SNR-Wert gibt Dämmung an, aber Praxiswert ist oft 5-10 dB niedriger als angegeben
- Nicht überprotegieren: 70-80 dB am Ohr ermöglichen Kommunikation und Warnsignalwahrnehmung
- Ohrstöpsel für ganztägiges Tragen meist komfortabler, Kapseln für kurze Einsätze praktischer
- Richtiges Einsetzen ist entscheidend: Schaumstoff zusammenrollen, Ohr strecken, tief einführen
- Pflege und regelmäßiger Austausch erhalten Schutzwirkung
- Arbeitsmedizinische Vorsorge ab 80 dB(A) nutzen – Früherkennung verhindert Schlimmeres
- Qualität zahlt sich aus: Komfortabler Gehörschutz wird konsequenter getragen
Investieren Sie in hochwertigen Gehörschutz von etablierten Herstellern. Lassen Sie sich beraten, testen Sie verschiedene Modelle und wählen Sie den Gehörschutz, der am besten zu Ihrer Arbeit und Ihrem Ohr passt. Tragen Sie ihn konsequent – bei jedem Lärmkontakt, ohne Ausnahme.
Ihr Gehör dankt es Ihnen. Einmal verloren, kommt es nicht zurück. Schützen Sie es jetzt, solange es noch gesund ist.



