Die regelmäßige Prüfung persönlicher Schutzausrüstung ist nicht nur gesetzliche Pflicht – sie kann Leben retten. Wer als Arbeitgeber oder Sicherheitsbeauftragter Verantwortung trägt, muss wissen: Welche PSA muss wann geprüft werden? Wer darf prüfen? Und wie dokumentiere ich die Prüfungen rechtssicher?

Dieser Leitfaden gibt Ihnen einen vollständigen Überblick über gesetzliche Grundlagen, praktische Prüfintervalle und konkrete Checklisten für die wichtigsten PSA-Typen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Prüfung und Wartung ergeben sich aus der PSA-Pflicht gemäß Arbeitsschutzgesetz.

Gesetzliche Grundlagen der PSA-Prüfung

Die Pflicht zur regelmäßigen Prüfung von Persönlicher Schutzausrüstung ergibt sich aus mehreren rechtlichen Vorgaben:

Arbeitsschutzgesetz und PSA-Benutzungsverordnung verpflichten Arbeitgeber, bereitgestellte PSA in ordnungsgemäßem Zustand zu halten und regelmäßig auf ihre Funktionstüchtigkeit zu prüfen. Die konkrete Ausgestaltung regeln die DGUV-Vorschriften, insbesondere die DGUV Regel 112-139 zur Benutzung von persönlicher Schutzausrüstung.

Betriebssicherheitsverordnung fordert zusätzlich, dass Arbeitsmittel – und dazu zählt auch sicherheitskritische PSA – wiederkehrenden Prüfungen unterzogen werden müssen. Die Prüffristen ergeben sich aus der Gefährdungsbeurteilung und den Herstellerangaben.

Hersteller-Vorgaben in den Betriebsanleitungen sind ebenfalls verbindlich. Sie geben konkrete Wartungsintervalle, Prüfmethoden und Austauschfristen vor, die zwingend eingehalten werden müssen.

Wichtig: Die Verantwortung liegt beim Arbeitgeber, auch wenn er die praktische Durchführung delegiert. Er muss sicherstellen, dass qualifizierte Personen die Prüfungen durchführen und alle Ergebnisse dokumentiert werden.

Prüfpflichten nach PSA-Kategorien

Je nach Risikopotenzial gelten unterschiedliche Anforderungen an Prüffristen und Prüfpersonen.

PSA Kategorie I: Minimale Risiken

Zu dieser Kategorie gehören einfache Schutzhandschuhe für leichte Arbeiten, Sonnenbrillen oder einfache Gartenhandschuhe. Hier reicht eine Sichtprüfung vor jeder Benutzung durch den Anwender selbst aus. Formale Prüfintervalle sind nicht vorgeschrieben, aber bei sichtbaren Schäden muss die PSA sofort aussortiert werden.

PSA Kategorie II: Mittlere Risiken

Die meisten Arbeitsschutz-Produkte fallen in diese Kategorie: Sicherheitsschuhe, Schutzbrillen, Gehörschutz, Schutzhelme und einfache Schutzhandschuhe.

Empfohlene Prüfintervalle:

  • Sicherheitsschuhe: Sichtprüfung täglich, intensive Kontrolle alle 3-6 Monate je nach Einsatzhäufigkeit
  • Schutzbrillen: Sichtprüfung vor jedem Einsatz, intensive Prüfung monatlich
  • Gehörschutz: Sichtprüfung täglich, Funktionsprüfung alle 6 Monate
  • Schutzhelme: Sichtprüfung vor jedem Einsatz, Austausch nach 4-5 Jahren oder nach Stoßeinwirkung

Diese Prüfungen können von unterwiesenen Mitarbeitern oder betrieblich beauftragten Personen durchgeführt werden.

PSA Kategorie III: Hohe Risiken

Hier ist höchste Sorgfalt gefordert, denn Fehler können tödlich sein. Dazu gehören Absturzsicherungen, Atemschutzgeräte für giftige Gase, Chemikalienschutzanzüge und Rettungswesten.

Zwingende Prüfanforderungen:

  • Absturzsicherungen: Mindestens jährliche Prüfung durch Sachkundige, zusätzlich Sichtprüfung vor jedem Einsatz
  • Atemschutzgeräte: Funktionsprüfung vor jedem Einsatz, jährliche Wartung durch Fachpersonal, Filterwechsel nach Herstellervorgabe
  • Chemikalienschutzanzüge: Dichtheitsprüfung nach jedem Einsatz, regelmäßige Materialprüfung je nach Beanspruchung

Diese Prüfungen dürfen nur durch speziell geschulte Sachkundige mit entsprechender Zertifizierung durchgeführt werden. Viele Hersteller bieten hierzu Schulungen an.

Wer darf PSA prüfen?

Die Qualifikation der prüfenden Person hängt von der Komplexität und Sicherheitsrelevanz der PSA ab:

Unterwiesene Beschäftigte dürfen einfache Sichtprüfungen vor der Benutzung durchführen. Sie müssen in der Handhabung der PSA unterwiesen sein und wissen, worauf sie achten müssen.

Befähigte Personen sind für regelmäßige Prüfungen von PSA der Kategorien I und II zuständig. Sie benötigen eine Berufsausbildung im relevanten Bereich sowie praktische Erfahrung und spezifische Kenntnis der zu prüfenden PSA. Eine schriftliche Beauftragung durch den Arbeitgeber ist erforderlich.

Sachkundige Personen müssen für sicherheitskritische PSA der Kategorie III eingesetzt werden. Sie verfügen über eine spezielle Ausbildung, die durch Zertifikate nachgewiesen wird, und haben vertiefte Kenntnisse über Prüfmethoden, Schadenserkennung und Herstellervorgaben. Typischerweise werden sie vom Hersteller oder von anerkannten Prüfstellen geschult.

Externe Dienstleister bieten sich an, wenn im Betrieb keine entsprechend qualifizierten Personen verfügbar sind. Besonders bei komplexen Atemschutzgeräten oder Absturzsicherungen ist die Beauftragung von Fachfirmen oft die sicherste Lösung.

Praktische Prüfchecklisten

Checkliste Sicherheitsschuhe

  • Außensohle auf Risse, Abnutzung und Profiltiefe prüfen
  • Durchtrittschutz und Zehenschutzkappe auf Verformungen kontrollieren
  • Obermaterial auf Risse, Löcher oder abgelöste Nähte überprüfen
  • Schnürsenkel und Verschlüsse auf Funktionsfähigkeit testen
  • Innenfutter auf Beschädigungen und Feuchtigkeit untersuchen
  • Bei sichtbaren Schäden oder starker Abnutzung: sofortiger Austausch

Checkliste Absturzsicherung

  • Gurtbänder auf Schnitte, Scheuerstellen, Risse oder Verformungen prüfen
  • Nähte auf Ausfransungen oder Beschädigungen kontrollieren
  • Schnallen und Verschlüsse auf einwandfreie Funktion testen
  • Auffanggurt auf korrekte Passform und Einstellbarkeit prüfen
  • Verbindungsmittel und Karabiner auf Risse und Funktionsfähigkeit kontrollieren
  • Typenschild und Herstellerangaben lesbar? Seriennummer dokumentieren
  • Prüfplakette vorhanden und gültig?
  • Prüfbuch vollständig geführt?

Wichtig: Nach einem Sturz oder starker Belastung muss die Absturzsicherung sofort außer Betrieb genommen und durch Sachkundige geprüft werden – auch wenn keine sichtbaren Schäden erkennbar sind.

Checkliste Atemschutzmaske

  • Maskenkorpus auf Risse, Verformungen oder Materialermüdung prüfen
  • Dichtlippen auf Elastizität und Unversehrtheit kontrollieren
  • Ausatemventil auf Funktion und Sauberkeit überprüfen
  • Filter auf Verschmutzung, Feuchtigkeit oder Beschädigung prüfen
  • Filterwechselintervalle eingehalten? Datum auf Filter dokumentieren
  • Bebänderung auf Elastizität und sichere Befestigung testen
  • Bei Vollmasken: Sichtscheibe auf Kratzer und Beschädigungen prüfen
  • Dichtsitz-Test vor jedem Einsatz durchführen

Checkliste Schutzhelm

  • Helmschale auf Risse, Dellen, Verfärbungen oder Sprödigkeit prüfen
  • Innenaustattung auf Verschleiß und sichere Befestigung kontrollieren
  • Kinnriemen auf Beschädigungen und Funktionsfähigkeit testen
  • Herstellungsdatum prüfen: Austausch nach 4-5 Jahren empfohlen
  • Nach Stoßeinwirkung: sofortiger Austausch, auch ohne sichtbare Schäden
  • UV-Belastung berücksichtigen: Helme auf Baustellen altern schneller

Dokumentation der PSA-Prüfung

Eine lückenlose Dokumentation ist aus mehreren Gründen unverzichtbar: Sie dient als Nachweis der Sorgfaltspflicht, ermöglicht die Rückverfolgung im Schadensfall und hilft bei der Planung von Wartungsintervallen.

Mindestangaben in der Prüfdokumentation

Jede Prüfung muss folgende Informationen enthalten:

  • Datum der Prüfung
  • Name und Unterschrift der prüfenden Person
  • Genaue Bezeichnung der PSA (Typ, Modell, Hersteller)
  • Identifikationsnummer oder Seriennummer
  • Art der Prüfung (Sichtprüfung, Funktionsprüfung, Sachkundeprüfung)
  • Prüfergebnis: In Ordnung oder Mängel festgestellt
  • Bei Mängeln: genaue Beschreibung und ergriffene Maßnahmen
  • Datum der nächsten fälligen Prüfung

Prüfbuch für sicherheitskritische PSA

Für PSA der Kategorie III, insbesondere Absturzsicherungen, ist ein Prüfbuch vorgeschrieben. Dieses enthält zusätzlich:

  • Erstprüfungsdatum und Inbetriebnahme
  • Alle durchgeführten Prüfungen mit Ergebnissen
  • Durchgeführte Reparaturen mit Datum und Beschreibung
  • Austausch von Komponenten
  • Aussonderungsdatum und Grund

Das Prüfbuch muss während der gesamten Nutzungsdauer der PSA geführt und nach Aussonderung noch mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden.

Digitale Prüfverwaltung

Moderne Softwarelösungen erleichtern die Prüfdokumentation erheblich. Sie bieten Vorteile wie:

  • Automatische Erinnerung an fällige Prüfungen
  • Zentrale Verwaltung aller PSA mit Seriennummern
  • Mobile Erfassung von Prüfergebnissen per Smartphone oder Tablet
  • Automatische Auswertungen und Berichte für Behörden oder Versicherungen
  • Nachvollziehbare Historien für jedes Ausrüstungsteil

Besonders bei größeren Betrieben mit vielen Mitarbeitern und umfangreicher PSA-Ausstattung amortisiert sich eine digitale Lösung schnell.

Häufige Fehler bei der PSA-Prüfung

Fehlende Qualifikation: Nicht jeder darf jede PSA prüfen. Absturzsicherungen oder Atemschutzgeräte erfordern speziell geschulte Sachkundige.

Unregelmäßige Prüfungen: Prüffristen werden nicht eingehalten oder vergessen. Ein Prüfplan mit festen Terminen und Verantwortlichkeiten schafft Abhilfe.

Unvollständige Dokumentation: Prüfungen werden durchgeführt, aber nicht oder nur lückenhaft dokumentiert. Im Schadensfall ist das ein erhebliches Haftungsrisiko.

Weiterbenutzung mangelhafter PSA: Beschädigte Ausrüstung wird aus Kostengründen oder Bequemlichkeit weiter verwendet. Das gefährdet Leben und verletzt die Fürsorgepflicht.

Ignorieren von Herstellerangaben: Prüfintervalle oder Austauschfristen aus der Betriebsanleitung werden nicht beachtet. Diese Vorgaben sind verbindlich.

Fehlende Ersatzbeschaffung: Es gibt keine Reserve-PSA für den Fall, dass geprüfte Ausrüstung aussortiert werden muss. Das führt zu Arbeitsunterbrechungen oder unsicherer Arbeit.

Aussonderung und Entsorgung

Wann muss PSA aussortiert werden? Klare Kriterien helfen bei der Entscheidung:

Sofortige Aussonderung bei:

  • Sichtbaren Beschädigungen, die die Schutzfunktion beeinträchtigen
  • Materialermüdung oder Versprödung
  • Ablauf der Nutzungsdauer laut Hersteller
  • Nach Unfällen oder extremer Belastung (besonders bei Absturzsicherung oder Schutzhelmen)
  • Fehlenden oder unleserlichen Kennzeichnungen

Vorgeschriebene Entsorgung: Aussortierte PSA darf nicht weitergegeben werden. Sie muss eindeutig als unbrauchbar gekennzeichnet oder zerstört werden, damit sie nicht versehentlich weiterverwendet wird. Die Entsorgung erfolgt über den gewerblichen Restmüll oder spezielle Entsorgungswege bei kontaminierter PSA (Chemikalienschutz, Asbest).

Prüfplan erstellen: So geht’s

Ein strukturierter Prüfplan stellt sicher, dass keine Prüfung vergessen wird:

Schritt 1: Bestandsaufnahme Erfassen Sie alle im Betrieb vorhandenen PSA mit Typ, Anzahl, Standort und Seriennummern.

Schritt 2: Prüffristen festlegen Orientieren Sie sich an Herstellerangaben, gesetzlichen Vorgaben und Ihrer Gefährdungsbeurteilung.

Schritt 3: Verantwortlichkeiten festlegen Benennen Sie konkrete Personen für jede Prüfung und stellen Sie deren Qualifikation sicher.

Schritt 4: Termine planen Erstellen Sie einen Jahresplan mit allen fälligen Prüfungen und legen Sie Vertretungsregelungen fest.

Schritt 5: Dokumentation organisieren Definieren Sie, wo und wie Prüfergebnisse dokumentiert werden – digital oder auf Papier.

Schritt 6: Erinnerungen einrichten Nutzen Sie Kalender, Software oder Aushänge, um rechtzeitig an fällige Prüfungen zu erinnern.

Kosten und Wirtschaftlichkeit

Die regelmäßige PSA-Prüfung kostet Geld und Zeit – aber sie lohnt sich:

Direkte Kosten:

  • Arbeitszeit für Prüfungen (intern oder extern)
  • Schulungen für befähigte Personen oder Sachkundige
  • Prüf- und Wartungsgeräte
  • Dokumentationssysteme
  • Austausch aussortierter PSA

Eingesparte Kosten:

  • Vermeidung von Arbeitsunfällen und deren Folgekosten
  • Keine Bußgelder bei Verstößen gegen Prüfpflichten
  • Geringere Versicherungsprämien durch Nachweis ordnungsgemäßer Prüfungen
  • Längere Nutzungsdauer durch rechtzeitige Wartung

Faustregel: Für einen mittelständischen Betrieb mit 50 Mitarbeitern sollten Sie jährlich 3000 bis 6000 Euro für PSA-Prüfungen und Wartung einplanen – je nach Umfang und Art der eingesetzten Schutzausrüstung.

Schulung und Unterweisung

Auch die beste PSA nützt nichts, wenn Mitarbeiter nicht wissen, worauf sie bei der Prüfung achten müssen.

Regelmäßige Unterweisungen sind Pflicht und sollten mindestens jährlich durchgeführt werden. Inhalte:

  • Zweck und Funktion der PSA
  • Richtige Anwendung und Einstellung
  • Sichtprüfung vor jedem Einsatz: Worauf achten?
  • Typische Schadensbilder erkennen
  • Verhalten bei festgestellten Mängeln
  • Aufbewahrung und Pflege
  • Meldewege bei Problemen

Dokumentieren Sie jede Unterweisung mit Datum, Inhalt, Teilnehmern und Unterschriften. Das schafft Rechtssicherheit und sensibilisiert die Belegschaft.

Fazit: Prüfpflichten ernst nehmen zahlt sich aus

Die regelmäßige Prüfung persönlicher Schutzausrüstung ist keine lästige Pflicht, sondern eine Investition in die Sicherheit Ihrer Mitarbeiter. Wer Prüffristen einhält, qualifiziertes Personal einsetzt und lückenlos dokumentiert, schützt nicht nur Menschenleben, sondern auch sich selbst vor rechtlichen Konsequenzen.

Konkrete Handlungsempfehlungen:

  1. Erstellen Sie einen Prüfplan für alle im Betrieb eingesetzten PSA
  2. Benennen Sie verantwortliche Personen und stellen Sie deren Qualifikation sicher
  3. Richten Sie ein einfaches, aber lückenloses Dokumentationssystem ein
  4. Unterweisen Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig in der Prüfung und Handhabung
  5. Planen Sie Budget für Austauschbeschaffungen und externe Prüfungen ein
  6. Überprüfen Sie Ihren Prüfprozess mindestens jährlich auf Aktualität

Mit einem strukturierten Vorgehen wird die PSA-Prüfung zur Routine – und Sie können sicher sein, dass Ihre Schutzausrüstung im Ernstfall funktioniert.